Mann von Hinten Pissoir

Ja, allerdings. Die Inkontinenz – auch bezeichnet als Harninkontinenz – beschreibt den unkontrollierbaren Verlust von Urin. Und diese Beschwerde ist keineswegs reine Frauensache, wenn auch häufiger beim weiblichen Geschlecht anzutreffen. So sollen laut einer Insenio-Statistik 11 Prozent der deutschen Männer und 25 Prozent der Frauen inkontinent sein. Es ist davon auszugehen, dass die Zahlen in der Schweiz ähnlich sind, auch wenn zuverlässige Statistiken selten sind, wie wir noch erklären werden1. Es ist ausserdem anzunehmen, dass die Dunkelziffer höher liegt, da sich viele Betroffene mit diesem als intim empfundenen Problem nicht gleich an einen Arzt wenden. Aber nicht nur in der Häufigkeit des Auftretens unterscheidet sich die männliche Harninkontinenz von der weiblichen. Es sind auch geschlechtsspezifische Unterschiede in der Ausprägung der Beschwerden möglich.

 

Harninkontinenz – was genau ist das überhaupt?

Inkontinenz bedeutet, dass man Harn oder Stuhl nicht mehr halten kann – ein Teil davon geht unkontrolliert ab. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Die Betroffenen leiden unter einer Beeinträchtigung der Lebensqualität.

 

Doch wie erkennen Männer, ob es sich in ihrem Fall bereits um Harninkontinenz handelt?

Streng genommen zählt bereits das Nachtropfen nach dem Urinieren zur Inkontinenz. Bis zum Jahr 2002 definierte die Internationale Kontinenzgesellschaft (International Continence Society – ICS) Harninkontinenz als eine Krankheit, bei der ein unkontrollierter Urinabgang zu sozialen oder hygienischen Problemen führt. Diese Definition wurde allerdings 2002 neu verfasst. Seitdem fällt jede ungewollte Urinabgabe unter den Inkontinenz-Begriff der ICS2.

Wer sich unsicher ist und Gewissheit wünscht, hat die Möglichkeit, auf der Seite der Schweizerischen Gesellschaft für Blasenschwäche einen Selbsttest zu absolvieren.

Wer diese Beschwerden bemerkt, sollte einen Arzt aufsuchen. Falsche Scham ist in diesem Fall unangebracht, denn in einigen Fällen ist Harninkontinenz akut behandlungsbedürftig und kann mit weiteren Erkrankungen zusammenhängen.

 

Wie häufig kommt Harninkontinenz bei Männern vor?

Das Geschehen an sich beobachtet in den allermeisten Fällen allein der Betroffene selbst und berichtet bestenfalls irgendwann seinem Arzt davon. Weil viele genau dies nicht tun, zunehmendes Einnässen ignorieren, hinnehmen oder abwarten, bleibt es lange im Verborgenen. Bis das Malheur zum Leiden oder von anderen wahrnehmbar wird. Kein Wunder also, dass die wissenschaftlichen Untersuchungen über das Vorkommen nasser Blasenprobleme äusserst unterschiedliche Ergebnisse liefern. Mann spricht nicht darüber, es ist halb so schlimm, zu intim oder es gehört eben zum Alter, man kommt allein zurecht, welche Gründe kennen Sie?

Die Häufigkeitsangaben bei Frauen und Männern schwanken sehr. Dies ist darauf zurückzuführen, dass zuverlässige wissenschaftliche Quellen schwierig zu etablieren sind, da viele Betroffene sich mit diesem Problem ungerne an einen Arzt wenden.

Dabei handelt es sich hierbei um eine ernstzunehmende Erkrankung mit hohem psychosozialem Faktor. Deshalb sollten Betroffene sich unbedingt an einen Arzt (Hausarzt oder Urologen) wenden und die Beschwerden abklären lassen.

Interessant ist auch, dass bis zu einem gewissen Altersschnitt vornehmlich Frauen unter einer diagnostizierten Harninkontinenz leiden, während der männliche Anteil insbesondere mit steigendem Alter zunimmt. Die höchsten Raten vermelden Pflege- und Senioreneinrichtungen3.

Trotz erheblicher Einschränkungen sucht nicht einmal jeder zweite Mann mit Blasenbeschwerden einen Arzt auf. Dabei lohnt es sich, den Arztbesuch nicht hinauszuschieben, denn je früher Sie die Sache in Angriff nehmen, umso besser ist die Prognose. Auch die Schweizerische Gesellschaft für Blasenschwäche ruft dazu auf, Harninkontinenz nicht als Tabuthema anzusehen, sondern offen damit umzugehen4.

 

Ein kurzer Einblick in die Blasenfunktion

Bei der Blasenwand handelt es sich um elastisches Bindegewebe mit Muskelhülle, welches mit Drucksensoren versehen ist. Im Normalfall meldet die Blase dem Gehirn über Nervenfasern, dass sie gefüllt ist, woraufhin sie beim Toilettengang willkürlich entspannt und geleert wird.

Doch so faszinierend die Dehnbarkeit der Blase ist: auch sie hat ihre Grenzen. Diese variieren insbesondere von Mensch zu Mensch, aber auch mit zunehmendem Alter5.

Laut Urologenportal zählen bei Männern auch Prostatakrebsoperation sowie operative Verkleinerungen der Prostata nach gutartigen Vergrösserungen zu den Risikofaktoren für die Inkontinenz-Entstehung6.

 

So vielfältig zeigt sich eine Inkontinenz beim Mann: Inkontinenztypen

Harninkontinenz kommt als unkontrollierbarer Drang oder bei besonderer Bewegung, etwa Heben und Husten, vor. Möglicherweise führen bestimmte Auslöser reflexartig zu dieser Reaktion oder es kommt zu Harntröpfeln ohne erkennbaren Anlass.

Urologen unterscheiden nach Symptomen zwischen vier bis fünf unterschiedlichen Inkontinenztypen. Die häufigsten Inkontinenz-Formen bei Männern:

 

1. Dranginkontinenz

Ein blitzartig eintreffender, sehr dringlicher Harndrang, der auch als „imperativ“ beschrieben wird (oder im Englischen Urge-Inkontinenz). Urologen sprechen hier auch von einer Reizblase, oder überaktiven Blase. Das Wasserlassen erfolgt mehr als acht Mal in 24 Stunden, auch nachts.

Die Schwelle für den Drangreflex wird hier frühzeitig erreicht. Häufig noch bevor der vorgesehene Füllstand erreicht ist und wir entspannt für Entleerung sorgen können. Die Störung kann sowohl in ungenügender Elastizität der Blasenwand liegen als auch in Fehlfunktionen auf neuronaler Ebene. Dem Blasenmuskel fehlt dann die zentrale Hemmung (motorische Dranginkontinenz) oder die Sensoren sind übersensibel.

Mögliche Auslöser: neurodegenerative Erkrankungen (Multiple Sklerose, Morbus Alzheimer oder Morbus Parkinson), Schlaganfall, Blasenentzündungen oder Blasenreizungen, Veränderungen der Prostata.

Die genauen Ursachen können oft unbekannt bleiben (ideopathisch).

 

2. Stressinkontinenz oder Belastungsinkontinenz

Belastungen wie Heben, Niesen, Husten oder Lachen führen bei Stressinkontinenz zum Verlust von Harn. Ursache ist eine Schwäche des Blasen-Schliessmuskels und/oder der Beckenbodenmuskulatur. Typischerweise leiden Frauen, die entbunden haben unter Belastungsinkontinenz. Männer sind seltener betroffen, gehäuft aber nach einer Prostata-OP.

 

3. Überlaufinkontinenz

Die Blasenmuskulatur ist nicht in der Lage, den Harn restlos aus der Blase zu treiben. Sie füllt sich bis in die Harnleiter zurück oder zu den Nieren hinauf, was eine Gefahr für Infektionen und Nierenschäden birgt. Diese Form tritt auf, wenn der Detrusor den Widerstand einer verengten Harnröhre (Obstruktion) nicht überwinden kann oder eine Muskelschwäche vorliegt.

 

4. Mischinkontinenz

Diese Form der Inkontinenz weist sowohl Symptome der Drang- wie auch der Belastungsinkontinenz auf7.

 

Harninkontinenz und Prostata – ein Männerproblem

Die Prostata umschliesst die Harnröhre des Mannes und wächst ein Leben lang. Eine vergrösserte Prostata ist beim älteren Mann gewissermassen normal. Diese gutartige Prostatavergrösserung (BPH) kann allerdings Beschwerden verursachen. Harnröhrenverengung, als Reaktion darauf eine Blasenmuskelverdickung und eine nachfolgende Überaktivität der Blase plus Überlaufinkontinenz sind keine Seltenheit. Weitere Einschränkungen können hinzutreten, sodass eine chirurgische Verkleinerung oder Entfernung der Prostata angezeigt ist.

Anzeichen dafür, dass die Prostata hinter der Harninkontinenz steckt:

  • Änderungen des Urinflusses
  • gehäufte Anzahl täglicher Toilettengänge
  • spürbarer Widerstand beim Urinieren und
  • ein Restharngefühl

Diese Probleme sollten Betroffene nicht aufschieben und frühzeitig ärztlichen Rat einholen: Möglicherweise steckt eine Prostataerkrankung dahinter8.

Ihr Arzt hat einige Behandlungsoptionen und auch Sie selbst können einiges tun, angefangen beim Miktionstagebuch-Führen bis hin zu Blasen- und Beckenbodentraining. Astellas stellt Ihnen dazu hilfreiche Patientenunterlagen zum Herunterladen und Ausdrucken zur Verfügung: Bedienen Sie sich gerne!

 

Referenzen

  1. INSENIO (2017). Inkontinenz Zahlen und Fakten – Infografik. Abgerufen von https://www.insenio.de/ratgeber/inkontinenz-zahlen-und-fakten/
  2. Niederstadt, C., Gaber, E., & Füsgen, I. (2007). Harninkontinenz. Robert Koch-Institut. S. 9.
  3. INSENIO (2017). Inkontinenz Zahlen und Fakten – Infografik. Abgerufen von https://www.insenio.de/ratgeber/inkontinenz-zahlen-und-fakten/
  4. Kuhn K. (o.J.) Blasenschwäche – ein Tabuthema. Abgerufen von https://d3f029c9-8995-4be6-bfdc-6eb3b383987c.filesusr.com/ugd/c540f7_c576af13ad504addad23d2357438f3aa.pdf
  5. Niederstadt, C., Gaber, E., & Füsgen, I. (2007). Harninkontinenz. Robert Koch-Institut. S. 7-8.
  6. Harninkontinenz beim Mann (2016). Abgerufen von https://www.urologenportal.de/fachbesucher/wirueberuns/dgu/dgu-die-organe/arbeitskreise/arbeitskreis-funktionsdiagnostik/kompetenzen/harninkontinenz-des-mannes.html
  7. Niederstadt, C., Gaber, E., & Füsgen, I. (2007). Harninkontinenz. Robert Koch-Institut. S. 10-11.
  8. Niederstadt, C., Gaber, E., & Füsgen, I. (2007). Harninkontinenz. Robert Koch-Institut.

MAT-CH-NON-2023-00033